Das Stöckli ist als multifunktionales Nebengebäude zum Inbegriff des bäuerlichen Wohnens und Wirtschaftens geworden, es gehört seit dem 19. Jahrhundert typischerweise zur Häusergruppe eines begüterten Berner Bauernhofes.
Es ist aus dem Ofenhaus hervorgegangen und birgt bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts einen Ofenraum. Mit seinem grossen Keller und dem Speicher im Dachgeschoss ist es ein wichtiges zusätzliches Lagerhaus für die gesteigerten Erträge, die in der Zeit der Agrarintensivierung erzielt werden. Das Stöckli ist ferner ein nicht unwesentliches Repräsentationsobjekt. Weiter erfüllt es als Altenteil eine wichtige Funktion im sozialen Gefüge eines Hofes, wenn der Jungbauer mit seiner Familie den Hof und das Bauernhaus übernimmt. Die Praxis der Stöckli, die in dieser baulichen Sonderform in keiner anderen Gegend der Schweiz so ausgeprägt verwirklicht wurde, war eng verbunden mit dem Minoratserbrecht (Erbgang an den jüngsten Sohn), welches der älteren Generation ermöglichte, den Hof zu einem relativ späten Zeitpunkt abzugeben und sich mit dem Schleiss (Rente) abzufinden. Diese spezielle Art der Generationenfolge mit den beiden getrennten Haushaltungen auf demselben Hof blieb Teil der bäuerlichen Lebensweise und wird auch heute noch praktiziert.
Region: Kanton Bern
Kategorie: Gesellschaftliche Praktiken, Rituale und Feste, Fachwissen über traditionelle Handwerkstechniken